top of page

Als ich mich entschied, nicht mehr zu kämpfen


Was meine ich damit, nicht mehr zu kämpfen? Bist du krank? Aber nein ... danke des Mitgefühls! Ich merke, dass ich derzeit an einen Punkt gekommen bin, an dem sich alles zu ändern scheint.


Alles wird ruhiger. Alles wird langsamer. Ich werde gelassener. Und ich liebe es!

Aber wie bin ich dahin gekommen? Was hat sich die letzten Wochen und Monate verändert? Was habe ich gelernt? Und was kann ich dir dafür mitgeben? Ich muss dazu noch einmal kurz ausholen. Zurück an den Anfang:


Ich habe in der Schulzeit gelernt, dass man, wenn man sich still verhält, ein gutes Kind ist. Wenn man dann noch gute Leistung erbringt, ist man ein noch besseres Kind. Und als schlaues Kind, habe ich das dann so gemacht. Wir verbinden unsere Leistung mit Liebe und unserem Selbstwert und denken, dass wir so liebenswerter und wertvoller sind. Traurig, oder nicht?

Im Gymnasium habe ich das besonders ausgelebt. Vor allem nachdem ich das System Schule begriffen hatte (leider erst relativ spät in der Kollegstufe...), sind meine Leistungen nach oben gegangen. Ich wurde von einer überzeugten 3er-Schülerin zu einer 1er-Kandidatin. Natürlich nicht immer, aber immer öfters. Sogar in Fächern transformierte ich mich, mit denen ich vorher nie einen Preis gewonnen hätte. Bemerkenswert, was gutes Zeitmanagement und ein Bewusstsein für den eigenen Biorhythmus und das Schulsystem alles so bewirken kann! Das war auch der Anfang meines großen Interesses für Selbstoptimierung d.h. Persönlichkeitsentwicklung. Ohne das, gäbe es diesen Blog sicherlich nicht. Puh, Glück gehabt!

Im Studium hat sich das alles fortgesetzt: "lerne brav, mache, was die Dozenten von dir wollen (auch, wenn du es nicht immer für sinnvoll hälst) und du bist ein guter Student." Dazu kommt, dass ich mein Studium der Landschaftsarchitektur wirklich toll gefunden habe und alles aus Interesse aufgesaugt habe. Trotzdem war es mit der Projektarbeit oder Abgaben in den Semesterferien, in denen man eigentlich am Pool liegen sollte, nicht immer ganz leicht.


Aber ich habe es gerockt!

Und dann im Arbeitsleben geht es weiter. Es ist eine Umstellung, eine andere Welt, aber das Prinzip ist wieder das gleiche: Du machst, was man dir sagt und du bist eine gute Angestellte. Dann klingelt die Kasse und du kannst dir im Supermarkt etwas zu Essen kaufen.


Zu alledem, was ich gerade aufgeführt habe, fällt mir eins auf: Wo ist da genau der freie Wille? Wo ist da der Handlungs- und Entwicklungsspielraum? Wo ist die Zeit, zu welcher man sich ausprobieren kann?


Du würdest jetzt vielleicht sagen: "Ja klar, das war deine Entscheidung! Ich persönlich habe genau das Gegenteil davon gemacht ... d.h. rein garnichts!". Aber gut, warst du als Couch-Potatoe damit erfolgreich? Oder ging es auf Kosten deiner Noten, deiner Anerkennung, deines "Wertes" als Student oder Angestellte?

Wir müssen uns manchmal entscheiden: Leistung und ein gut gebahnter Karriereweg oder eben Zirkus und die Fülle des Lebens zum Preis von "Nimm, was kommt!".

Ich sehe ja ein, dass diese Perspektive gerade sehr schwarz-weiß ist. Natürlich habe ich meinen Weg bewusst gewählt und mir hat Spaß gemacht, was ich getan habe. Ich habe auch im Beruf viel gelernt, Talente entdeckt, Verantwortung übernommen und mich so weiter entwickelt. Dagegen möchte ich garnichts sagen. Ich stelle nur fest, dass unsere gesellschaftliche Bewertung in Form der Prüfungen in Schule und Studium vielleicht nicht immer so geeignet dafür ist, das Meiste aus den Menschen herauszuholen. Das ist wie, als wenn man jemandem eine Baukastenanleitung geben würde und ihm den Auftrag alles nach Anleitung zusammenzubauen. Aber spannend wäre es doch zu sehen, was jeder Einzelne erschaffen würde, wenn er diese Vorgaben nicht hätte, oder nicht? Was würde dann alles entstehen, was man vorher nicht planen konnte? Das würde doch auch das Selbstvertrauen steigern, aus eigenen Stücken mehr erreichen zu können. D.h. im Prinzip habe ich doch nicht ganz unrecht, oder?


Die Vorgaben, die wir erhalten sind das eine. Aber letztendlich habe ich durch die Leistungsfokussierung die ganze Zeit gegen mich selbst gekämpft und meine Selbstverwirklichung, mein Ausprobieren. Ich habe es mir nicht erlaubt, einfach mehr zu tun, was ich wollte. Es war meine Entscheidung. Und es war Stress.


Nachdem ich nun seit 7 Jahren (ich kann es kaum glauben...) im Berufsleben stehe und die letzten Jahre so einige Auf und Abs wegen Jobwechseln, Umstrukturierungen, Dramen in der Arbeit etc. mitgemacht habe, komme ich für mich zu dem Punkt, dass ich sage:


Ich möchte nicht mehr kämpfen!

Ich möchte es anderen nicht mehr recht machen.

Ich möchte mich nicht mehr verbiegen.

Ich möchte mich nicht mehr einschränken.

Ich möchte nicht den Rhythmus oder das Leben nach der Vorstellung eines anderen führen.


Ich möchte mich leben und zwar 24 Stunden!

Ich finde, jeder hat das Recht darauf ein Leben zu führen, auf das man voller Stolz in 80 Jahren zurückblickt. Mit einem Lachen im Gesicht, wenn man an all' die schönen und dummen Sachen denkt, die man gemacht hat. Und ich habe bereits als Kind entschieden, dass ich zu diesen Menschen gehören möchte. Ich würde nicht sagen, dass ich mich auf meinem bisherigen Weg vollkommen verrannt habe. Alles waren Entscheidungen und Erfahrungen, die ich machen musste und wollte, um auf das nächste Level zu kommen, mehr zu mir zu finden. Und ich bin dankbar für alles.

Ich bin gespannt, was meine neue Erkenntnis und Lebenseinstellung "nicht mehr zu kämpfen" und dem geänderten Leistungsbewusstsein mit mir noch machen wird. Und ich bin gespannt, wie es sich auf mein Leben und seinen weiteren Verlauf auswirken wird.


Wie geht es dir? Kämpfst du gerade? Was bedeutet es für dich, nicht mehr zu kämpfen? Welche Möglichkeiten ergeben sich daraus für dich und dein Leben, wenn du dich bewusst dagegen entscheidest?

bottom of page